
Die Ex oder den Schwarm auf Instagram auszuchecken, gilt heutzutage als vermeintlich normal. So kommt es mir zumindest vor, wenn ich meinen Freund*innen dabei zuhöre, wenn sie über ihr Social-Media-Verhalten sprechen. So ein Gespräch kann ganz Sex and the City-mäßig anfangen, um dann wegen unerwarteter und furchterregender Geständnisse darüber, wie sie andere online ‚stalken’, sekundenschnell in Single White Female-Untiefen abstürzen. ‚Stalken‘ ist ein starkes Wort, eines, das oft benutzt wird und alles mögliche bedeuten kann: dich heimlich auf dem Twitter-Account eines*r heißen Arbeitskolleg*in herumzutreiben, Tinder-Matches bei Instagram ausfindig zu machen oder – mein persönlicher Jackpot – die private Facebook-Seite eines C-Promis zu finden.
Wie bedenklich ist Stalking auf Social Media?
Und ja, viele „stalken“ ihre*n Ex. Aber ist es noch gesund über jedes Instagram-Like, getaggte Foto und vielleicht-besuchte Event von jemandem, mit der oder dem man zweieinhalb Jahre lang ein Bett geteilt hat, im Bilde bleiben zu wollen? Wann geht es von unbedenklich in creepy Orbiting über?
Ich finde es einfach beunruhigend, wenn mir meine übliche Kneipenbegleitung gesteht, dass er oder sie mehr vollkommen fremde Menschen im Auge behält als die NSA. Manchmal kann man private Informationen gar nicht übersehen – ich könnte euch zum Beispiel den Namen der Katze einer Journalistin sagen, die ich nie getroffen habe, oder was ein Mädchen, das ich auch nicht kenne, zur Fashion Week getragen hat – aber manchmal suchen wir auch aktiv danach.
Der Gedanke, dass unsere Social-Media-Angewohnheiten ein Symptom unserer Zeit sind ist verlockend – eine Zeit, in der zwei Drittel aller Briten ein Smartphone besitzen und sich Ofcom zufolge etwa zwei Stunden am Tag damit beschäftigen; eine Zeit, in der wir anscheinend durchschnittlich vier Social Media-Accounts pro Person haben. Andererseits haben meine 18-jährige Schwester und mein 16-jähriger Bruder gar keine Accounts bei Sozialen Netzwerken und meine Schwester sagte mir vor kurzem, dass sie sich nicht einmal das Facebook-Profil von ihrem Freund angesehen hat.
Um mir darüber klar zu werden, was ‚normales‘ Online-Verhalten ist, beschloss ich, Menschen informell und anonym zum wahren Ausmaß ihres Online-Spionierens und zu ihren überraschend high-tech Methoden zu befragen. Mich 40 Wochen tief in den Instagram-Account von jemandem geklickt zu haben, gibt mir im besten Fall das Gefühl, ein bisschen creepy zu sein, im schlimmsten eine Cyber-Kriminelle, weswegen ich meinen Interviewpartner*innen außerdem die Frage stellte, ob Social Media-‚Stalking‘ jemals gut ausgehen kann.
Ihre Antworten waren eher durchwachsen und zeigten, dass Menschen aus ziemlich vorhersehbaren Gründen ‚stalken‘: Neid, Neugier, die Suche nach Selbstbestätigung oder einem Gefühl der Zugehörigkeit und schlicht und einfach Langeweile. Klickt euch durch die Slideshow, um ungeschönte Berichte über Menschen zu lesen, die das Leben Anderer im Internet verfolgen und darüber, was sie dadurch – wenn sie wirklich darüber nachdenken – über sich selbst gelernt haben.
*Ein Teil der Namen wurde geändert.
Ich bin immer noch ziemlich sauer, dass Instagram den Feed nicht mehr chronologisch sortiert. Das war so ein tolles Stalkingwerkzeug, vor allem, um meinen Ex-Freund auf dem Radar zu haben. Ich hatte mir seine neuesten Followers angesehen und so herausgefunden, mit wem er gerade schläft. Dann bin ich immer auf die Accounts von den Mädchen gegangen, um zu sehen, welche Fotos er likte und wer zurücklikte. Das ist normal, oder?
Ich glaube, ich bin bisher noch nie erwischt worden und mir ist kein Faux Pas unterlaufen, außer einem Mal, als ich jemanden, den ich noch nie getroffen hatte nicht mit ihrem richtigen, sondern ihrem Instagram-Namen ansprach. Das war richtig schlimm.“Refinery 29
„Die meisten Menschen, die ich ‚stalke’, sind berühmt. Oder fast-berühmt könnte man sagen. Es gibt dieses Model-Netzwerk bei Instagram, von dem ich besessen bin. Viele der Models sind bei einer Agentur die ‚Tomorrow is Another Day’ heißt und sie sind alle jung und schön und haben tolle Leben. Ich bin echt ein bisschen fasziniert von ihnen.
Es fühlt sich schon komisch und ein bisschen pervers an—vor allem wenn ich von dieser Art Leben angezogen werde, die künstlich und wie eine Social Media-Performance wirkt, aber gleichzeitig sind viele dieser Menschen offen schwul und wunderschön. Irgendwie hilft mir glamouröse schwule Menschen anzusehen dabei, mich selbst glamourös und schwul zu fühlen.
Es fällt mir schwer, Männer zu treffen und ich habe keine Erfahrung damit, Teil einer Gay Community zu sein, weil ich nur ein paar vereinzelte männliche homosexuelle Freunde habe und nie wirklich Teil einer Schwulenszene war. Nicht, weil ich es nicht versucht hätte, aber ich habe mich in der LGBT Community immer irgendwie ausgegrenzt gefühlt, wie ein Außenseiter, weswegen ich den Drang habe, diese Dinge indirekt zu erleben–-durch Menschen, die einen sehr idealisierten schwulen Lebensstil haben, einen der unapologetisch ist und voller absurd schöner junger Männer.
Für mich ist es also einerseits tröstlich, Menschen bei Instagram zu folgen, aber andererseits auch ein bisschen deprimierend. Es ist ein zweischneidiges Schwert. Definitiv inspirierend, aber auch ein bisschen masochistisch.“Refinery 29
„Wenn ich ehrlich bin, muss ich feststellen, dass ich eine ziemlich ungesunde Beziehung zu Social Media habe. Ich stalke entweder heiße Frauen auf eine Weise, die ziemlich masochistisch ist oder, je nachdem was in meinem Liebesleben gerade los ist, entweder den Typen auf den ich gerade stehe oder meinen Ex-Freund.
Ich verbringe viel Zeit damit, mir Frauen anzusehen, die Körper, Gesichter, Haut und Haare haben, die für mich unerreichbar sind. Ich fühle mich eigentlich sowieso schon unsicher, weil ich mich nicht groß, schlank und schön genug finde und Instagram mach es ziemlich leicht mich noch schlechter zu fühlen. Gleichzeitig verbringe ich aber viel Zeit auf body-positiven Accounts, die mir geholfen und mich dazu ermutigt haben, mich besser zu ernähren und Sport zu machen, um meine geistige Gesundheit zu fördern. Es ist also ein bisschen merkwürdig: Es hat gleichzeitig meine Dysmorphophobie verstärkt und mich dazu gebracht, etwas dagegen zu tun, statt nur zu Hause zu sitzen und mich scheiße zu fühlen.
Das Typen-‚stalken’ ist allerdings ein bisschen außer Kontrolle geraten. Ich interessiere mich meistens gar nicht für ihre Vergangenheit, weil ich eine Narzisstin bin und ich ja nicht darin vorkomme. Ich klicke mich nicht einmal rückwärts durch ihre Facebook-Bilder, erstens, weil ich ihre heiße Ex-Freundin sehen würde und das muss nicht sein, und zweitens, weil es mich abtörnen würde zu sehen, wie sie sich vor drei Jahren gekleidet haben. Aber zu sehen, was sie momentan so machen, ist etwas anderes und es beeinflusst mein Selbstwertgefühl ziemlich stark. Wenn ich sehe, dass ein Typ, den ich date, das Foto einer heißen Frau likt, werde ich immer wieder auf ihr Profil gehen, mir ihre Fotos ansehen und durch die Likes scrollen, um zu sehen, ob er das weiterhin macht.
Es ist eine morbide Faszination. In meinem alltäglichen Leben bin ich ein ziemlich rationaler, sensibler Mensch und weiß, ich sollte das nicht machen, aber ich tue es trotzdem. Es würde mich interessieren, wem es ähnlich geht.“Refinery 29
„Das klingt vielleicht ziemlich egozentrisch, aber ich finde die Kehrseite des Social Media ‚Stalkings’ viel spannender...Das heißt anzunehmen, dass Leute mich ‚stalken’ und es zu meinem Vorteil zu nutzen. Hauptsächlich versuche ich Menschen unterschwellig dazu zu ermutigen, mich zu stalken; sichergehen, dass Menschen, denen sie folgen meine Posts liken, in Fotos getaggt werden, die zeigen, wie fantastisch mein Leben ist, aber sie nie regrammen, bei anderen Kommentare hinterlassen, die ihre Neugier wecken—zum Beispiel bei Menschen, die erfolgreich sind oder von denen ich weiß, dass sie sie respektieren, sichergehen, dass meine Selfies haufenweise Likes bekommen, damit sie wissen, dass sie Konkurrenz haben—die Liste ist lang.
Ich glaube in gewissem Maße stalkt jeder und das macht es irgendwie OK. Deswegen gibt es so viele Memes über Mädchen, die irgendetwas bei Instagram herausfinden. Aber so wie ich es mache ist es schon beschämend. Es wäre mir überhaupt nicht recht, wenn jemand meine Top Searches bei Facebook oder Instagram sehen würde. Ich wusste, dass ich über meinen Ex hinweg war, als er da nicht mehr auftauchte.“Refinery 29
„Meine Beziehung zu Sozialen Medien ist ziemlich komisch: Zeitweise benutze ich sie fast gar nicht oder nur für meinen Job. Und verbringe meine Freizeit mit Produktiverem, mit lesen zum Beispiel. Aber dann habe ich wieder Phasen, in denen ich mich vor dem Schlafengehen eine Stunde lang auf den Profilen von Leuten herumtreibe. Meistens passiert ersteres wenn ich in einer Beziehung, letzteres wenn ich Single bin.
Ich habe auch schon ein paar krasse Sachen gemacht, die ich eigentlich wirklich nicht öffentlich zugeben möchte. Irgendwann war ich mit jemandem zusammen, der bei Instagram haufenweise Fotos von Kunstwerken und Screenshots aus Filmen postete, weswegen ich mithilfe von Google Reverse Image Search versuchte herauszufinden, was ein paar von ihnen waren. Ich weiß schon, ein neuer Tiefpunkt.
Eine andere schräge Sache, die ich oft mache ist durch die Facebook Fotos von Leuten zu gehen und zu sehen, mit wem sie früher zusammen waren, dann die Person zu stalken und manchmal sogar die Leute, die diese Person gedatet hatte.
Es wäre mir natürlich unglaublich peinlich, wenn das jemand herausfinden würde, aber solange sie es nicht tun, ist es für mich quasi nie passiert. Obwohl ich den Moment niemals vergessen werde, als mir jemand gesagt hat, dass sie es sehen können, wenn ich auf ihr LinkedIn-Profil gehe. Das war awkward!“Refinery 29
„Kennt ihr das, wenn Leute kein Facebook Foto haben, auf dem man ihr Gesicht sehen kann? Ja...das war bei einem Mädchen der Fall, mit dem ich auf ein Blind Date gehen sollte. Aber ich war davor mit einem gemeinsamen Freund zum Abendessen verabredet und fragte ihn also ganz höflich, ob ich vielleicht seinen Facebook-Account benutzen könnte, um mir ihre getaggten Fotos anzusehen. Und habe danach das Date abgesagt. Inzwischen ist mir schon klar, wie oberflächlich das war—vielleicht hätten wir uns gut verstanden? Jetzt werde ich das wohl nie herausfinden.
Ich bin überzeugt davon, dass es wirklich schädlich ist, Menschen auf Social Media zu ‚stalken’, weil wir so die nötige Distanz verlieren, um klar analysieren zu können und stattdessen viel zu viel über irrelevante Dinge nachzudenken. Wenn man tatsächlich mit jemandem Zeit verbringt konzentriert man sich auf echte Erfahrungen, auf das echte Leben. Aber wenn man aus der Ferne spioniert, tendiert man dazu, zu viel in Dinge hineinzuinterpretieren. Es gibt auf jeden Fall ein verzerrtes Bild und hat viele meiner Beziehungen nicht gerade verbessert, nur eine ganze Menge Zeit geschluckt—Zeit, die ich niemals zurückbekommen werde.“Refinery 29
„Es ist ein Irrglaube, dass ältere Menschen nicht darauf schauen, was unsere Freunde im Internet treiben. Wir sind auch auf Facebook! Manchmal schaue ich, was mein Exmann so macht, mit wem er jetzt verheiratet ist und wie seine Kinder aussehen. Es ist nichts Persönliches und hat nichts damit zu tun, dass ich ihn vermisse oder eifersüchtig wäre, es ist reine Neugier.
Ich glaube nicht, dass es ungesund ist. Ich bin einfach nur neugierig. Also würde ich nicht sagen, dass etwas daran falsch ist. Andererseits kann ich nicht sonderlich gut mit Facebook umgehen, weswegen ich vermutlich Gefahr laufe, dass ich auf etwas Falsches klicke und die Leute merken, dass ich mir ihr Profil ansehe.“Refinery 29
„Mein Social Media Stalking ist nicht übermäßig geschickt. Ich mache nur dieses Standard-Ding, auf die getaggten Bilder von jemandem gehen und nach links klicken, um das allererste verlinkte Bild zu sehen. Vor allem bei Menschen, mit denen ich gerade etwas anfange. Es ist meistens ein ziemlich guter Hinweis darauf, ob man jemanden wirklich gut findet—wenn du sie siehst, wie sie 2009 mit einer richtig schlimmen Frisur und fürchterlichen Klamotten aussahen, und du das süß oder lustig findest statt total peinlich, dann bedeutet das vermutlich, dass deine Gefühle nicht nur oberflächlich sind...oder es hängt davon ab, wie oberflächlich du als Mensch bist.
Das gleiche mache ich bei Instagram. Manchmal wird man ja auch da in Fotos verlinkt und das ist eine echte Goldgrube an Information, weil man so erfährt, mit wem sich die Person, die man sich gerade ansieht so trifft. Wenn man auf jemanden steht befürchtet man schnell das schlimmste oder interpretiert zu viel in etwas hinein, aber ich finde es trotzdem ziemlich nützlich und würde es deswegen nicht vermeiden.
Ich habe mich noch nie für das ‚Stalking’ geschämt, weil ich es so selten tue. Außerdem sind wir uns doch alle einig, dass jeder das ein bisschen macht, oder?“Refinery 29
„Ich verbringe sicher mindestens eine Stunde pro Tag damit, Leute in den Sozialen Netzwerken zu ‚stalken’. Und da gibt es zwei verschiedene Arten: die karriereorientierte und die private.
Bei ersterem sehe ich mir Menschen an, deren Karriere ich nacheifern will oder die in Feldern arbeiten, in die ich es auch gerne schaffen würde, und versuche ihre Geheimnisse herauszufinden. Ich mache das vor allem deswegen, weil ich mir noch so gar nicht sicher bin, welchen Karriereweg ich einschlagen will und buchstäblich täglich meine Meinung ändere. Meistens stalke ich bei Twitter, aber wenn ich jemanden interessant finde gehe ich immer auch auf die Facebook Profile, um zu sehen ob wir gemeinsame Freunde haben. Man kann so einen überraschend tiefen Einblick in die Netzwerke bekommen, die verschiedene Branchen ausmachen. Ein bisschen beunruhigend ist, dass ich oft Menschen, die ich online ‚gestalkt’ habe im echten Leben wiedererkenne.
Mein privates Stalking trifft hauptsächlich heiße Kerle und Menschen, die mir auf die Nerven gehen. Und das sind größtenteils selbstgefällige Lifestyle und Food Blogger.“Refinery 29
Like what you see? How about some more R29 goodness, right here?
Süchtig nach Likes: Macht Social Media abhängig?
Ich war Joe von <em>You</em>:<em> </em>Meine Stalking-Vergangenheit
Das Social Media-Verhalten meiner Freunde